Coverdesign: frey-d-sign
unter Verwendung einer Illustration
von Tithi Luadthong (123rf)

„Schreiben Sie doch mal einen Fantasy-Roman“, riet mir meine frühere Agentin, nachdem sie mit meinen „erwachseneren“ Stoffen keinen Anklang bei den Verlagen gefunden hatte. Damals hatte „Twilight“ Hochkonjunktur, aber ich kam erst gar nicht auf die Idee, verliebte Highschool-Girls auf stramme Vampirboys loszulassen. Außerdem verfolgte ich schon länger das Konzept einer phantastischen Multi-Kulti-Metropole, inspiriert durch den Roman „Der Malachia-Gobelin“ von Brian Aldiss aus dem Jahr 1976. Ich brauchte sozusagen nur noch eine Hauptfigur, und die fand ich in Investigator Gordon Dunhil – übrigens ein Wegbereiter für Leo Klostermann, den Helden von „Dezernat für Grenzfälle“.

Lassen wir den Klappentext sprechen:

„Die Metropole Panurbia ist das schillernde Zentrum einer Welt, in der Menschen mit anderen Völkern des Erdkreises seit Jahrtausenden in Frieden zusammenleben. Doch der rätselhafte Mord an einer Grauschwinge, einem mystischen Wesen aus dem fernen Nebelgebirge, ist nur der Anfang einer Kette von Ereignissen, die sich zu einem Machtkampf zwischen uralten rivalisierenden Kräften zuspitzen. Dem jungen Investigator Gordon Dunnhil bleibt nur wenig Zeit, den Fall zu lösen – denn die Gestirne ordnen sich bereits zu jener schicksalhaften Himmelskonstellation, welche die Stadt in ein mörderisches Chaos stürzen wird.“

Die Welt ist eine Scheibe, von deren Rand die Wasser des Ozeans in einen bodenlosen Abgrund stürzen. Wo es dann wieder herkommt ist eine Frage, die vielleicht irgendwann in einer Fortsetzung beantwortet wird. Ich habe mich bewusst entschieden, nicht in Details über die Welt von „Grauschwinge“ zu schwelgen, sondern nur das herauszupicken, was für die Handlung wichtig ist. Da wäre zum einen die polititsche Struktur, schließlich handelt es sich um einen gepfefferten Verschwörungs-Plot. Weiterhin ist die Energieversorgung der Stadt von Interesse – ein monströses, mechanisches System mit hoher Steampunk-Qualität, dem eine entscheidende Rolle beim finalen Showdown zukommt. Magie, aus dem Fantasy-Gerne kaum wegzudenken, wird hier als energetisches Konglomerat aus abgestandenen Schichten von Gedanken und Emotionen erklärt. Und dann hätten wir noch die „verbotene Wissenschaft“, eine Mischung aus alternativer Heilkunde, Schamanismus und aufgeklärtem, humanistischem Denken.

Und mittendrin also Gordon „von den Donnerhügeln“ Dunhil, Spross einer in Ungnade gefallenen Gründerfamilie, der eine Karriere beim Recherchedienst, der Polizeibehörde von Panurbia, anstrebt. Unterstützt von seiner telepathisch begabten Assistentin Keth, die dem alten Volk der Geflügelten angehört, geht er bei der Aufklärung eines skurril anmutenden Raubüberfalls unorthodoxe, man könnte auch sagen: moderne Wege. Nebenbei engagiert er sich auf nicht ganz legale Weise für die Befreiung der Sklavin Noko, der „Soul Sister“ seiner gehandicapten Schwester Debra, und verfolgt hartnäckig den Fall einer getöteten Grauschwinge, den die Behörden gerne vertuschen würden.

Klar, dass diese Stränge früher oder später zusammenführen und Gordon einer ganz großen Sache auf die Spur kommt: einer politischen Intrige, die uralte, längst überkommene Machtverhältnisse wieder herstellen soll und unvorstellbares Leid über die Stadt bringen wird. Zusammen mit einer Handvoll Getreuer wagt sich Gordon buchstäblich in die Unterwelt von Panurbia vor und lüftet ein abscheuliches Geheimnis, das auch seine eigene Familie betrifft…


Wer keine Scheu vor dem Etikett „Fantasy“ hat, dafür jedoch Spaß an spannender, fantasievoller Unterhaltung, sollte sich diesen Roman unbedingt reinziehen.

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>> Meine Worte sind unzulänglich um die Tiefe und Faszination dieser beeindruckenden Geschichte wiederzugeben (...)
Peter Scheerer hat es geschafft auf 316 Seiten eine faszinierende Welt entstehen zu lassen und einen verzwickten Kriminalfall zu lösen. Und uns einen Spiegel vorzuhalten: Sozialkritik, das Streben nach Macht, eine weltfremde Kirche, die ihren eigentlichen Aufgaben nicht nachkommt. Krieg und Krankheiten, die sich vermeiden ließen. Politische Ränkespiele und Hass auf alles, was fremd oder anders ist. Unterdrückung von neuen Ideen, ein stetiges Gegeneinander statt Miteinander. Das alles finden wir auch im 21. Jahrhundert in unserer Welt. Von dem Gedanken an Gleichheit und Freiheit für alle sind wir weit entfernt. (…)
Sprachlich bewegt sich Peter Scheerer auf höchstem Niveau und weiß mit jedem Satz zu überzeugen. Ein Lesegenuss erster Güte und eine hundertprozentige Empfehlung von mir.<<

Phantastische Fluchten

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>> Das Buch Grauschwinge von Peter Scheerer war ein Geschenk, nicht nur im Wortsinn. Die Mischung aus Fantasy und Kriminalgeschichte, die Verortung der Handlung in eine fremdartige Welt in der Menschen und andere Völker mehr oder weniger friedlich neben- und miteinander leben, hat mich überzeugt.
(…)
Fantasyautoren brauchen allerdings meist mehr als ein Buch, die Entwicklung verschiedener Völker und Welten braucht nun mal seine Zeit und vor allem viel Raum um diese Welten vor den Augen der Leser zum Leben zu erwecken. Peter Scheerer hat die Handlung fast komplett auf Panurbia beschränkt, was er beschreibt, die Orte und deren Gegebenheiten, beschreibt er Bildhaft, aber nicht ausschweifend, es bleibt genug Raum für die eigene Fantasie. Das hat mir ausnehmend gut gefallen.
Auch der Kriminallfall war gut durchdacht und am Ende schlüssig aufgeklärt, ich konnte gut miträtseln wer oder was genau hinter dem Mord an der Grauschwinge steckte.<<

Lesenswertes aus dem Bücherhaus